Die Mode der Mods.
Ja, wir befinden uns immer noch in den Sechzigern. Ist ja auch eine spannende Zeit - vor allem in London, genauer gesagt in der Carnaby Street. Dort befand sich nämlich das Zentrum der sogenannten Mods. Dieser Stil interessiert mich heute.
Er kam Mitte der 60er Jahre auf. In der Carnaby Street gab es regelmäßige Modenschauen und überall hörte man Musik in dieser kleinen Gasse. Sie kam sowohl aus Boutiquen als auch aus Läden speziell für Männermode. Zu dieser Zeit waren auch Shops gängig, die ein Warenangebot für beide Geschlechter bedienten. Doch nicht nur für Mode war die Carnaby Street bekannt. Hier gab es auch einen Trödelladen, in dem man Möbel aus der Viktorianischen Zeit und Andenken aus der damals modernen Art Nouveau-Ära kaufen konnte. 1967 konnte man dort auch in altmodische Kneipen, Reformkostläden, Spielwarenhandlungen und zur <strong>Button Queen gehen, wo es alte Anstecker zu erwerben gab. Die Button Queen gibt es immer noch, und man kann auch immer noch hingehen und Buttons aus den 30ern, 40ern und 50ern erwerben. Hier kann man sich u.a. die Anfahrtsskizze anschauen: http://www.thebuttonqueen.co.uk
In den Sechzigern ein Mod zu sein, hieß, sich für einen Lebensstil zu entscheiden, der Musik, Clubs, Kleidung und Roller implizierte. Man machte natürlich weiterhin seinen 9-to-5-Job, doch nach Feierabend wurde eine andere Platte aufgelegt, um im Musikjargon zu bleiben.
Die Ursprünge der Mod-Szene sind schwierig zu bestimmen. Es wird angenommen, dass erste Grundsteine in den späten Fünfzigern gelegt wurden, als sich kleine Gruppen von Individuen gegen die Beatnik-Szene und den Snobismus der Teddy Boys auflehnten. Sie wählten elegante Anzüge, die an den französischen bzw. italienischen Stil angelehnt waren. Damals hießen sie noch "Modernists", was mit ihrer Leidenschaft für (US-amerikanischen) Modern Jazz zu erklären ist - und natürlich, weil sie insgesamt eine modernere Lebensweise hatten. Sie interessierten sich für französische Filme und schauten sich dabei den Look der Schauspieler ganz besonders an. Was auch sonst, Französisch konnten nur wenige von ihnen. Trotzdem also ein Faible für Frankreich, und das nicht nur beim Film, auch bei Zigaretten und Frisuren. Die englischen Modernisten ließen sich also sowohl von europäischen als auch amerikanischen Trends (wie Button-Down-Hemden und dem College-Boy-Haarschnitt) inspirieren.
Wie gesagt, die Modernists waren eine kleine Gruppe von Individuen - hauptsächlich männlichen Geschlechts -, die gern über Klamotten redete. Sie waren richtiggehend davon besessen, den richtigen Stil zu kennen (und natürlich zu haben). Sie gaben einen großen Prozentsatz ihrer Gehälter für maßgeschneiderte Anzüge, Hemden mit Button-Down-Kragen und individuell angefertigte Schuhe aus. Es war ihnen wichtig, sich von der Masse abzuheben.
Im Allgemeinen kamen die Mods aus der Mittel- bzw. Arbeiterklasse.
Mediale Aufmerksamkeit bekamen sie erstmals im Jahr 1964, als sie mit den Rockern (Kennzeichen: Lederjacken, Rock&Roll und Motorräder) aneinander gerieten - also wirklich physisch. Manche von den frühen Mods distanzierten sich von der Gewalt, die ihre "Kollegen" anwendeten, und nannten sich jetzt lieber Stilisten oder Individualisten.
Es ging beim Mod-Sein nun nicht mehr in erster Linie darum, individuell zu sein, sondern darum, Teil einer breiteren Bewegung zu sein - und bis zu einem gewissen Punkt auch mit deren Regeln konform zu sein. An dieser Stelle kamen die Mods nicht mehr so sehr aus der Mittelklasse, sondern waren eigentlich Teenager aus der Arbeiterklasse, die mit 15 schon die Schule verließen und wenig Geld hatten, weshalb sie keinen Sinn darin sahen, etwas auf die hohe Kante zu legen. Sie wollten lieber Spaß haben, bevor es wieder ernst wurde (wofür die Tradition des Heiratens stand).
Während die Modernists vor 1964 noch gern Modern Jazz hörten, war die Lieblingsmusik der Mods nun Rhythm&Blues. Sie mochten zwar die Musik der Rolling Stones, doch die trugen keine schicken Sachen und konnten deshalb nicht als Mods gelten. Auch die Beatles fanden keinen Anklang bei den Mods - wahrscheinlich zu schwiegersohn-brav. Nein, Mods hörten lieber The Kinks, The Who, The Small Faces und The Animals. Pete Townsend von The Who behauptete sogar, er habe die Pop Art in die Mode der Mods eingeführt. Und tatsächlich gab es nun mehr Farbe in der Szene und die Jacke mit dem Union Jack.
Auch weiterhin kleideten sich die Mods in Anzüge. Die Jacken waren jetzt etwas taillierter, hatten einen schmalen Reverskragen, die Hemden einen Button-Down-Kragen; die Hosen waren schmal geschnitten. Auch die Krawatten waren schmal, besonders modisch waren gestrickte. Sie trugen aber auch mal was Lässiges, z.B. farbige Poloshirts von Fred Perry, kombiniert mit Jeans (auch Schlagjeans) und sogar Sportjacken bzw. Turnschuhe. Besonders beliebt war die sogenannte Harrington-Jacke (die bereits in roter Farbe von James Dean in den 50ern getragen worden war).
Um ihre Anzüge bei den Fahrten mit der Vespa oder Lambretta zu schützen, trugen Mods sicherheitshalber einen Ex-Armeeparka.
Es gab zwar nur wenige weibliche Mods, doch diese hatten kurze Haare mit kantigen, geometrischen Linien. Sie kleideten sich androgyn. Beispielsweise sah man sie in Hosen und Hemden - wie die männlichen Mods.
Bei den Mods musste man ab 1964 mehrere Gruppen unterscheiden. Die "Original Mods" (die jetzt "Stilisten" oder "Individualisten" hießen) - sie wurden "Smooth Mods" genannt. Dann gab es die "Scooter Boys" mit ihren schicken Hosen und Pullover unter den Ex-Armee-Parkas. Und die dritte Gruppe bildeten die "Hard Mods". Sie trugen Poloshirts, Jeans mit Hosenträgern, schwere Boots und einen Bürstenhaarschnitt. Sie sind die Vorreiter der Skinhead-Mode, die sich Ende der Sechziger Jahre aus diesem Ivy-Leage-Stil entwickeln sollte.
Kehren wir noch mal kurz in die Carnaby Street zurück. In den Sechzigern der Place-to-be, doch Anfang der Siebziger schon altmodisch und nicht mehr "what it used to be", wie The Jam sangen. Heute ist die Straße ein Ort für Touristen, aber man kann dort also immer noch Mod-Fashion finden. Wenn man will.